Kleine Vögelchen als Lebensinhalt

Wieder einmal stelle ich die Frage:  Was ist wirklich wichtig im Leben?

 

Klar, man braucht eine Wohnung, Essen und Trinken - wenn man dann noch gesund ist, dann ist das doch schon mehr als viele, viele Menschen es haben.

 

Im Alter wird Besitz immer unwichtiger. Was zählt sindBegegnungen, nicht alleine zu sein. Glücklich, wer eine Familie hat, die sich kümmert und die sich Zeit nimmt.

 

Doch, wie viele Menschen haben genau das nicht? Sie leben irgendwo alleine in ihren Wohnungen - ungesehen von der restlichen Welt. Oder sie können sich selber nicht mehr versorgen und leben irgendwo in einem Altenheim. Dort haben sie wenigstens andere Menschen um sich. Die Pfleger, die nach ihnen schauen oder die auch mal ein nettes Wort wechseln.

 

Trotzdem sind viele Menschen gerade auch in den Altenheimen sehr einsam. Sie bekommen kaum Besuch. Je älter man wird umso weniger hat man zu erzählen. Wen interessiert schon das Essen zu Mittag oder sonstige Highlights im Leben dieser Menschen?

 

Da wird man vielleicht auch ein wenig sonderlich, eigenbrötlerich oder auch schwierig im Umgang mit anderen. Man muss mit Menschen zusammen sein, die man vielleicht gar nicht mag. Mit denen einen nichts verbindet.

 

In den wenigsten Altenheimen sind Haustiere erlaubt. Das, was bisher das wichtigste im Leben der alten Leute war, müssen sie nun abgeben. Ihren geliebten Hund, ihre treue Katze. Die, die ihnen immer zugehört haben und mit denen man sein Leben teilen kann. 

 

Glücklich, wenn man dann vielleicht einen kleinen gefiederten Freund hat, den man im besten Fall sogar mit in seinem Zimmer im Altenheim halten darf. Doch auch das ist oft nicht erlaubt. So ist es im Fall eines alten Herrn, dessen Lebensinhalt die Vögel waren, wilde die er fütterte oder Vögelchen, die er bei sich im Zimmer hielt.

 

Aus verschiedenen Gründen wurde beides irgendwann untersagt. Aber, in einem Gemeinschaftsbereich durfte ein größerer Vogelkäfig aufgestellt werden, in dem seitdem einige Wellensittiche leben. Älrere Tiere, deren Besitzer verstorben sind.

 

Der Mann ist glücklich. Seit die Vögel (ich weiß nicht, ob seine eigenen auch dabei sind/waren) dort stehen, sitzt er jeden Tag stundenlang vor dem Käfig. Hat es sich zur Aufgabe gemacht die Tiere zu versorgen. Sie sind sein Lebenssinn. Von dem wenigen Taschengeld, das ihm bleibt, lässt er für die Vögel Futter und Stängchen zum Knabbern kaufen. Dafür geht sein Taschengeld drauf, denn es bleibt ihm nicht viel.

 

Wir hatten vor Kurzem einiges an Wellensittichfutter bekommen. Auch Knabberstangen und etwas Spielzeug für die Vögel etc. Als ich von diesem Herrn erfahren habe, dessen Lebensinhalt die kleinen Vögelchen im Altenheim sind, habe ich sofort gesagt: er bekommt von uns etwas Futter für diese Tiere.

 

Inge hatte den Kontakt zum Altenheim und es dorthin gebracht. Der Herr konnte es nicht fassen, dass jemand seine Liebe zu den Tieren verstand und ihn dabei unterstützt, dass sie es gut haben.

 

 

Natürlich könnten der Käfig größer sein - eine Voliere wäre besser, aber immerhin haben sie einen großen Käfig. Mehr war nicht machbar. Würde man am Käfig mäkeln, würden wohlmöglich die Tiere ganz weggenommen. Und das würde einem Menschen den Lebenssinn komplett zerbrechen.

 

Viele der Bewohner des Altenheims erfreuen sich an den Tieren, an ihren Gesängen und daran, sie beobachten zu können. Das ist so wichtig für die alten Menschen. Vielleicht schaffen wir es irgendwann auch noch eine größere Voliere dorthin stellen zu können. Wir müssen aber behutsam vorgehen.

 

Nun haben die Tiere erst einmal einiges an Futter. Der alte Mann hat Freude daran, dass er "seine" Schützlinge jeden Tag versorgen kann und dass er weiterhin jeden Tag mit ihnen teilen kann.

 

 

Ich bin dankbar, dass wir diesem Menschen etwas Gutes tun konnten. Ihm genau dort zu begegnen, wo er erreichbar war. Hatte er Inge bisher immer eher unbeachtet gelassen, war er plötzlich ganz aufgeschlossen und erreichbar.

 

Manchmal ist es einfach das offene Auge und das offene Herz, mit dem man durch die Welt laufen sollte. Ein paar Körner Vogelfutter können das Leben eines Menschen sehr verändern.

 

Ich bedanke mich bei unserem Spender, der uns diese Menschlichkeit möglich gemacht hat.

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Katja M (Dienstag, 27 Februar 2024 22:53)

    Sehr anrührend.

    Danke für die Spende, auch an Inge und Claudia. Und an den alten Herren, der die Vögel so gut versorgt.

  • #2

    Britta W. (Dienstag, 05 März 2024 20:43)

    Ein sehr schöner und rührender Beitrag.