Stolberg, 8 Monate nach dem Hochwasser

Das Leben nimmt seinen gewohnten Lauf.

 

Es wird täglich überschattet durch die schlimmen Meldungen über den Krieg in der Ukraine.

 

Doch, wie sieht es aktuell im Hochwasser-Gebiet aus? Irgendwie lassen doch die Meldungen von dort nach. Ist alles wieder "normal" dort? Das könnte man doch meinen, weil man so gar nichts mehr hört.

 

Nein, von "normal" ist das Leben zum Beispiel bei uns in Stolberg noch immer weit entfernt.

 

Gestern konnte ich Euch zwar einen kleinen Lichtblick zeigen, das Blumengeschäft von Claudia Engelhardt in Vicht, das wieder soweit hergestellt wurde, dass endlich wieder Blumen verkauft werden können. Doch ja, es ist ein einzelnes Highlight. In einer weiterhin zerstörten Umgebung. Auch in Vicht stehen weiterhin die Häuser leer, bestimmen Staub, Schutt und Baumaterialien das Bild des Dorfes. Überall wird gearbeitet. Aber, es geht eben langsam voran.

 

Ich habe gestern Nachmittag die Zeit genutzt - und das schöne Wetter - und bin einmal durch die ehemalige Fußgängerzone von Stolberg gelaufen. Dort, wo sich früher kleine Geschäfte aneinanderreihten, dort herrscht noch immer gähnende Leere. Ob die Geschäfte wiederkommen werden? Ob genügend Mut und Geld da ist, um noch einmal zu eröffnen?

 

Es laufen schon Gedanken, aus der Innenstadt ein City-Outlet zu machen. Ob das aber die richtige Idee für die kleine Stadt ist? 

 

So, wie es heute noch ist, ist es trostlos. Traurig. Selbst bei schönstem Sonnenschein.

 

So sieht es in Stolberg aus. 8 Monate sind seit dem Hochwasser vergangen. Wie lange wird es dauern, die Stadt wieder aufzubauen?

 

Die Wohnungen über den Geschäften im Erdgeschoss können mittlerweile wohl wieder bewohnt werden. Man sieht wieder Gardinen und Dekoration in den Fenstern. Ob überall die Zentralheizungen funktionieren? Ich weiß es nicht...

 

Egal wo man hinschaut - Eingangstüren aus Metall und Holz anstatt Schaufenstern bestimmen das Stadtbild.

 

Die Häuser stehen, aber wie....   Geschäfte, die man seit vielen Jahren kennt die über Generationen betrieben wurden - sie sind weg.

 

Einkaufen kann man zur Zeit kaum etwas. Kein Lebensmittelgeschäft, kein Fleischer, kein Bäcker haben geöffnet. 

 

Wenn es etwas gibt, dann sind es Shisha Bars oder kleine Kioske, die irgendwie provisorisch betrieben werden.

 

Sich mal irgendwo hinsetzen, kaum möglich denn es gibt keine Bänke mehr - sie wurden mit dem Hochwasser zerstört oder weggespült. Momentan würde sich doch eh kaum jemand hinsetzen, denn die Umgebung lädt nicht wirklich zum Verweilen ein.

 

Ein Eis essen oder etwas trinken? Keine Chance. Es gibt nichts außer leere, zerstörte Geschäfte. 

 

Es sind wie gesagt 8 Monate vergangen. Trotzdem hat man an vielen Stellen das Gefühl, als wäre es doch erst vor kurzem gewesen.

 

Mich macht es traurig, es bedrückt mich. 

 

An vielen Stellen in den Häusern werden jetzt die alten Mauern wieder freigelegt und machmal kann man noch alte Strukturen erkennen, treten längst in Vergessenheit geratene Bauteile wieder zum Vorschein.

 

Ich würde mir wünschen, dass nicht alles wieder einfach verputzt und zugemauert wird. Aber, ob das zu den Wünschen der Besitzer zählt?

 

Was direkt am Vichtbach liegt, ist immer noch zerstört. Egal ob Brücken, Geländer, Mauern.

 

Um sich gegen eventuelles neues Hochwasser zu schützen, stehen an vielen Stellen wo die Mauern fehlen heute riesige Säcke mit Sand. 

 

Hier hat das Wasser die komplette alte Bruchsteinmauer und eine Ecke des Hauses weggerissen.  Trümmerteile liegen noch im Bach.

 

An anderen, nicht so gut erreichbaren Stellen, hängen heute noch die Dinge, die das Hochwasser mitgeschwemmt hat in den Bäumen und Sträuchern. Man wird jeden Tag an das Hochwasser erinnert - ob man will oder nicht.

 

Die unheimliche Kraft, die das Wasser hatte, die lässt sich auch heute noch an vielen Stellen erahnen. 

 

Dabei hatte gerade die Altstadt von Stolberg dank der aufwändigen Sanierungen der letzten Jahre so schöne Ecken.

 

Sogar als Filmkulisse hat die Altstadt mehrfach gedient. Zum Beispiel für die Neuverfilmung von "Catweazle" mit Otto Waalkes. Oder für den Film "Litte America".

 

Was würde man heute hier drehen wollen? 

 

Aber, ihr kennt mich, in jeder Trostlosigkeit gibt es auch immer die Lichtblicke, die man einfach nur erkennen muss.

 

Ich erfreue mich einfach an den kleinen Schönheiten, die das Wasser nicht genommen hat. 

 

Mögen die Kopfsteinpflaster-Straßen auch teilweise kaputt sein, mag der Teer sich wölben, mögen noch immer Häuser leerstehen, man findet die kleinen Schönheiten trotzdem - wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht.

 

Die erste Gastronomie am Fuße unserer Burg hat wieder geöffnet!

 

Alle anderen Ladenlokale sind noch leer - aber das fröhliche gelbe Schild, das lädt ein!

 

Dieses altehrwürdige Café ist noch nicht wieder eröffnet, aber das schöne Metallschild, das hat das Wasser nicht erreicht!

 

Die Wohnungen stehen noch leer - trotzdem machen es sich die Bewohner wieder schön. 

 

Gestern saßen sie zusammen an einem kleinen Tisch mit ein paar zusammengewürfelten Stühlen am Rande der Straße und genossen die Sonne.

 

Unser Rathaus ist ebenfalls vom Hochwasser betroffen. Ob es noch einmal wieder saniert werden kann? Momentan ist es noch unklar. Vielleicht muss das Gebäude abgerissen werden...

 

Das Gebäude kann nicht genutzt werden. Alle Ämter sind zur Zeit irgendwo in der Stadt verteilt in den verschiedensten Gebäuden angesiedelt.

 

Unser Stadtarchiv ist im Keller des Rathauses versunken - Fachleute versuchen zu retten was irgendwie zu retten ist...

 

Im Haus des Amtsgerichts, das schon seit Jahren als solches nicht mehr besteht, befindet sich jetzt das Jobcenter. Die alten Gemäuer haben den Wassermassen wohl besser trotzen können.

 

 

Und über der Stadt thront weiterhin unsere schöne alte Burg.

 

Vor strahlend blauem Himmel!

 

Das ist am Ende der Anblick, der das Herz aufgehen lässt. Der mich für ein paar Sekunden die Zerstörung vergessen lässt.

 

Vielleicht versteht ihr jetzt, warum ich mich so sehr über die Nachricht, dass Claudia Engelhardt ihren Blumenladen wieder öffnen kann, so gefreut habe. Dass ein paar Blumen, ein wenig Farbe in Stolberg gerade besonders guttun.

 

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