Wie ich Euch gestern schon berichtete, war gestern wieder ein großer Tag für einige Hunde und zwei Katzen aus dem Refugio Esperanza.
Gestern war Ausreisetag! Boxen waren im Transporter in ein neues Leben gebucht und Pflegestellen bzw. Familien für die Tiere gefunden worden.
Im Vorfeld hatten Martina und ich die Tiere schon soweit wie möglich vorbereitet, so daß der Stress gestern möglichst gering gehalten werden konnte.
Trotzdem ist ein solcher Tag - der Tag, der ein neues Leben einläutet, für die Hunde mehr als aufregend und löse bei den Tieren viel Strass aus.
Sie werden aus ihrem gewohnten Lebensraum genommen. Plötzlich wird gebürstet, werden die Ohren gereinigt, die Krallen noch einmal geschnitten, Geschirre und eventuell neue Halsbänder angelegt. Und die Tiere wissen nicht warum dies alles mit ihnen geschieht.
Einige reagieren freudig auf die Abwechslung, andere ängstlich und manche sogar panisch.
Je mehr Ruhe man sich bei den Vorbereitungen gönnen kann, umso besser für die Tiere. Da hilft ein möglichst gelassener, ruhiger Mensch, der dadurch Sicherheit vermittelt, schon sehr.
Martina hatte wie immer alle Papiere und sonstigen Unterlagen und auch die Tiere medizinisch perfekt vorbereitet. Eine Arbeit, die Unmengen von Zeit und Organisation erfordert.
So konnte ich gestern sofort beim Eintreffen im Refugio loslegen und die ersten Hunde aus dem Gehege nehmen, in das sie zum vereinfachten Ablauf für ihre letzte Nacht gesetzt worden waren.
Den Anfang machte Angelface, der dank der Stiftung Vergesse Hunde aus der Schweiz ausreisen durfte.
Sorgfältig wurde, so gut wie möglich der Staub, der durch die Gehege im Fell der Hunde sitzt, ausgebürstet. Angelface war sehr ruhig und interessierte sich mehr für die Hunde, die uns aus den anderen Gehegen über den Sichtschutz hinweg beobachteten.
Anscheinend war er aber auch noch nicht ganz ausgeschlafen oder er fand alles sehr langweilig...
Als er mit der Prozedur fertig war, konnte ich ihn in den bereitgestellten Wagen mit vorbereiteter Box setzen. Hier macht sich ebenfalls das neue Grundstück schon bemerkbar, denn die Autos können bis an den Gehegebereich heranfahren.
Klar, dass aber all die ungewohnten Tätigkeiten und die Hunde, die plötzlich die Wege entlang laufen, auch für viel Unruhe bei den anderen Hunden in den Gehegen sorgen. Was passiert da? Warum laufen dort Hunde rum? Warum die und warum nicht wir? Freund oder Feind????
So ist die Lautstärke in der Anlange ungewohnt laut und die Rudel in den Gehegen sind sehr unruhig. Man muss sehr aufpassen.
Der kleine Kido, der vor etwa zwei Jahren aus einer Familie kam, in der er mit Kindern und Katzen aufgewachsen war, durfte nach dieser langen Zeit endlich sein angestammtes Terrain verlassen. Könnt ihr Euch vorstellen, was in einem Tier nach so langer Zeit vorgeht? Wie soll man ihm erklären, dass es nun in ein neues Leben geht und dass all das, was passiert und gerade fürchterlich Angst macht, nur zum Besten ist? Kido reist in eine Pflegestelle vom Verein Tierische Lichtblicke eV.
Kido brauchte besonders viel Ruhe, Souveränität sowie beruhigende Worte und ausgiebiges Schmusen. Vom ersten Tag an habe ich den kleinen Kerl im Refugio gekannt. Er war völlig durch den Wind.
Aber, dank des routinierten Ablaufs war auch er bald reisefertig und ich konnte ihn in seine Box im Auto setzen, wo er wieder etwas mehr Ruhe hatte, auch wenn die Box wiederum auch Fremdland für ihn war.
Kido, mein Kleiner, pass gut auf Dich auf und vertraue darauf, dass alles zum Besten für Dich ist! Hab keine Angst.
Im hinteren Bereich war nun Alicia, auch von der Stiftung Vergessene Hunde, an der Reihe. Alicia hatte zum Glück nur eine relativ kurze Zeit im Refugio verbracht und war dadurch Umzüge gewohnt. Sie konnte die Situation nicht so aus der Ruhe bringen, dennoch war auch sie froh für jedes beruhigende Wort und jedes Streicheln neben der Schönheitspflege.
Alicia ist sehr anhänglich und ein Hund, der Menschen vertraut. Im Gehege kam sie immer sofort angelaufen und genoss die menschliche Nähe.
Nachdem sie bestmöglich vorbereitet war und durch Halsband und Geschirr doppelt gesichert, bezog Alicia die nächste Box in Martinas Auto.
Lambert fuhr nun das Auto zum vorderen Eingang des Refugios, wo in der Schleuse die nächsten Hunde zur Ausreise warteten.
Diese drei haben wieder durch den Verein Tierische Lichtblicke in Deutschland eine Familie bzw. Pflegestelle gefunden, in die sie nun einziehen werden.
Den Anfang machte hier Welpe Umbra, die so verschmust und anhänglich ist. Die Kleine kam aus CERECO zu Martina und Lambert und hat nun ihr Ausreisealter und den erforderlichen Impfschutz erreicht.
Umbra-Mäuschen war auch in der letzten Nacht im Refugio mit Susi und Sissi zusammen, mit denen sie auch zusammen im Hof gelebt hatte.
Klar, dass so ein kleines Hundekind neugierig und gleichzeitig etwas verunsichert ist, was denn da gerade mit ihr passiert. Schmusebacke Umbra kuschelte ihre Unsicherheit bei mir weg.
Ein Blick, der Herzen zum schmelzen bringt, oder? Umbra wartet nun auf ihrer Pflegestelle vielleicht auf Dich???
Der nächste Welpe, der seine weitere Kindheit in Deutschland verleben wird und noch dazu direkt in seine endgültige Familie reisen darf, ist Sissi. Sie war immer mit ihrer Mami Susi zusammen und fühle sich dadurch sehr behütet und sicher.
So ganz ohne Mami aus dem Zwinger genommen zu werden und vom Hundepersonal mit einer Bürste penetriert zu werden, das kam ihr doch "spanisch" vor ;-)
"Was passiert hier gerade? Und wo ist die Mami?"
Ab sofort beginnt für die kleine Maus ein neues Leben, in dem ihre neue Familie die Hautrolle spielen wird. Die Kleine wird sich sicherlich schnell eingewöhnen.
Aus einem der anderen Zwinger ertönte lauter Protest: Die "Flughunde" konnten gar nicht verstehen, warum der Reihe nach andere Hunde bespaßt wurden und sie aber nicht! Ob da lautes Plärren hilft, dass man vielleicht mitreisen darf? Leider nicht. Fayola und Anat, die kleinen Mini-Hunde, die schon seit zwei Jahren auf ein gemeinsames zu Hause warten, wissen das und rechnen wohl schon nicht mehr damit, eines Tages auch zu den Glücklichen zu gehören, die ausreisen dürfen... :(
Last but not least machte ich Susi, die Mami von Sissi ausreisefertig.
Susi ist auch ein eher zurückhaltender Hund, der Sicherheit und Ruhe braucht. Sie geht allem fremden lieber vorsichtshalber aus dem Weg. Man sieht auf dem Foto deutlich, dass sie sich mit der Prozedur alles andere als wohl fühlt.
Doch dann kam Lambert, den sie ja bestens kennt, und seine zusätzlich streichelnde Hand half ein wenig über die Unsicherheit hinweg.
Alle Hunde warten fertig für ihre Ausreise und saßen in den Boxen im Auto -Lambert und ich konnten aufbrechen zum Treffpunkt des Transports.
Dort wurden die Hunde in die gebuchten Boxen gesetzt. Auch hier waren Lambert und ich wieder das gewohnt eingespielte Team.
Nur Kido hatte solche Angst, dass er noch eben in Spanien seine Blase bei der Übergabe an den Transport entleerte. Er wollte wohl lieber bei mir bleiben und krallte sich ganz fest. Glaubt mir, so etwas bricht einem immer das Herz, auch wenn man als Mensch weiß, dass das was passiert, die Chance ihres Lebens für die Tiere ist.
Sich von den Schützlingen zu verabschieden ist immer schwer. Wie viele Stunden hat man mit ihnen verbracht? Mit ihnen geschmust, gespielt, vielleicht auch mal geschimpft? Sie getröstet und dank ihnen gelacht?
So ist es aber. Nur dadurch, dass Tiere ausreisen, wird ein Platz frei für die nächsten Kandidaten, die schon wieder darauf hoffen, dass sie weiter leben dürfen. Es ist unsere Aufgaben, die Tiere in der Zeit ihrer Rettung aus der Tötung bis zur Ausreise in eine Familie oder Pflegestelle bestmöglich zu versorgen, umhegen und zu umpflegen. Klar, dass man da viel Herzblut in die Arbeit steckt. Alles andere wäre nicht das, was ich mir unter der Arbeit vorstelle. Und so geht mit jedem Transport auch immer ein Stück Herz mit.
Zurück im Refugio stand die übliche Tagesarbeit an. Die Gehege mussten gereinigt werden und die Hunde warteten schon vorwurfsoll auf den verspäteten Zimmerservice.
Kidos ehemaligen Platz im Gehege bei Salsa haben nun die drei neuen Welpen Sam, Lucky und Frieda bezogen.
Unbekümmert hoppsten sie durch das neue zu Hause, das sie hoffentlich schon bald wieder mit dem nächsten Transport verlassen dürfen. Sie sollen nicht so lange warten müssen wie Kido und Salsa - die immer noch wartet.
Salsa hat die Kleinen freundlich aufgenommen und blickte ihrem kindlichen Treiben von ihrem Stammplatz auf dem Dach des Schattenspenders zu.
Cheynie-Lee, die während der Reinigung der hinteren Gehege dort herumlaufen darf, war ganz fasziniert von dem kleinen neuen Gewusel. Bisher hatte sie täglich Kido freundlich begrüßt, nun galt es den Geruch von den Zwergen aufzunehmen und Freundschaft mit ihnen zu schließen.
Auch die Fleckenzwerge waren ganz interessiert an der großen Nachbarin.
"Hallo, ich bin Frieda, wer bist du?"
Bei Cheynie-Lee schienen Muttergefühle aufzukommen, denn sie konnte sich kaum von den Zwergen trennen und immer wieder wurden durch den Zaun Küsschen ausgetauscht.
Das schwere Herz vom Abschied des Transports wurde wieder leichter, als ich den Hunden bei ihrem Kennenlernen und dem Spiel der Welpen miteinander während meiner Arbeit zuschauen konnte.
Nachdem die Arbeit getan war, war es auch schon wieder Zeit zum nächsten Transport zu fahren, der zwei kleine Katzen mit zu ihrer Besitzerin nahm. Sie konnte die Tiere selber bei der Ausreise nicht mitnehmen, da die Wartezeit nach der Impfung noch nicht abgelaufen war und so verbrachten die Samtpfötchen ein paar Wochen im Refugio Esperanza um nun zu ihrem Frauchen auszureisen.
Das war also der gestrige Tag, der große Tag für die Hunde und diesmal auch Katzen, die die große Reise nach Deutschland bzw. in die Schweiz antreten durften.
Zurück bleiben viele Fellnäschen, die sehr auf Euch und Eure Mithilfe bei der Suche nach Familien und Pflegestellen hoffen, damit auch sie bald zu den glücklichen Ausreisenden gehören werden.
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Petra A. (Samstag, 18 November 2017 12:56)
Ein paar Tränen habe ich schon abgedrückt über diesen rührenden Bericht des Reisetages, dabei kenne ich die Glücklichen gar nicht. Da kann man sich gut vorstellen, wie es Dir, Claudia, erst ging!! Aber wie Du schreibst, es ist die Chance für die Fellnasen auf ein glückliches Zuhause und das alleine zählt. Alles, alles Gute